Wenn das Gefängnis zur Residenz wird

Theatergruppe des TSV Aschbach verzückt zweimal 250 Zuschauer in der Mehrzweckhalle

Aschbach. In vielen Städten in Deutschland gibt es ein Gefängnis und damit illustre Figuren, Häftlinge, Ärzte und Bedienstete. Aber, dass eine Haftanstalt als Residenz für ein altes Ehepaar genutzt wird, ist wohl einmalig für das Bundesgebiet. So geschehen in Aschbach. Die Aschbacher Theatergruppe um die Regisseurin und Organisatorin Sabrina Fischer hat die Komödie „Residenz Schloss & Riegel“ von Winni Abel an Odenwälder Verhältnisse angepasst – inklusive Dialekt.

So waren die beiden Vorstellungen in der 250 Zuschauer fassenden Mehrzweckhalle in wenigen Tagen ausverkauft. Das Stück lebte von seinen Charakteren und Figuren und davon, wie die Aschbacher Akteure diese auf der Bühne mit Leben erfüllen. Das Bad-Girl, der Schüchterne und Verängstigte, die Resolute und Strenge, die Vergessliche, der Rocker und Boxer, die Vornehme und die beiden tüdeligen Alten verwandelten die Haftanstalt in eine kurzweilige und turbulente Residenz. Das Verhängnis nahm seinen Lauf.

Mit den Nerven am Ende

In einem ersten Therapiegespräch, in dem Kalle Huber und Jaqueline mit der Gefängnispsychologin und Anstaltsleiterin Dr. Birgit Reschke sprechen, bitten sie um Hafturlaub für die Hochzeit von Kalle. In einem kurzen Moment der Meditation fällt Reschke ein, dass ihre Tante Irmgard und ihr Onkel Hermann heute aus der Reha entlassen werden. Sie ist den Nerven am Ende, denn sie hat vergessen, sich um eine Senioren-Residenz zu kümmern.

In ihrer Verzweiflung fasst sie den Entschluss, die beiden im Gefängnis unterzubringen und ihnen vorzugaukeln, dass sie sich in einer Residenz befinden. Zusammen mit Rocker Boris und der vornehmen Marlene von Hinrichs machen sie eine Zelle frei und richten sie her.

Der erste Eindruck der alten Dame ist ernüchternd, denn es herrscht Rauchverbot, es fehlt die Haarkur und es riecht nach Schweiß. Auch, dass ihre Koffer durchsucht wurden, sie das Bett beziehen müssen, die Toilette keine eigene Tür hat, die Zimmer klein sind und Stockbetten haben, tragen nicht zur Besserung ihrer Laune bei. Kurzum: Sie hätte es gerne luxuriöser und mit mehr Abendprogramm.

Ihr Mann Hermann hingegen fühlt sich wohl, denn er hat sein Kreuzworträtsel dabei – mehr braucht er nicht.

Nicht zuletzt wittern Kalle und Jaqueline als „Bett-Girl“ ihre Chance, Reschke nach ihrem Nervenzusammenbruch zu zeigen, dass sie sich gebessert haben. Sie beschließen, sich ganz edelmütig um die beiden Rentner zu kümmern. Boxer Boris ist da etwas rauer und erklärt den beiden Alten den Unterschied zwischen „buchten“ und „buchen“.

Der Weg bis zur Aufklärung des Missverständnisses ist aber noch ein weiter und turbulenter. Dieser ist eine wunderbare Inszenierung der Aschbacher Theatergruppe, mit unendlich vielen Lachern und viel Szenenapplaus, der entsprechenden Situationskomik und mit vielen „grassen“ Sprüchen. Auch technische Feinheiten, wie der filmisch dargestellte Ausbruchversuch von Boris, fehlen in diesem Stück nicht. In dieser Phase sind die schauspielerischen Leistungen hervorragend und die akribische, intensive Vorbereitung förmlich zu spüren.

Auch das Fehlen von weiteren älteren Mitbewohnern wird gekonnt überbrückt – Kalle verwandelt sich in einen zittrigen alten Mann. Dessen Laune verschlechtert sich aber prompt, als er einen Brief von seiner Verlobten erhält. Hierin teilt sie mit, dass die Hochzeit in zwei Wochen stattfindet.

Ein jeder Schauspieler gibt seiner Rolle die spezielle Note: Kirsten Bihn und Eileen Kumpf als Rentnerehepaar Krause, Lena Knapp als Leiterin und Psychologin, David Heiligenthal als Boris der boxende Rocker, Patricia Knapp als vornehme und „überkandidelte“ Marlene von Heinrichs und Stefanie Rohr als Justizvollzugsbeamtin. Doch Stephanie Schmitt als „Bad-Girl“ mit ihrem Slang „Hey, Alter“ und Peter Jäger als schüchterner und verängstigter Hochzeitskandidat schießen den Vogel ab. Eine Geste oder ein Ausspruch der beiden, und das Publikum biegt sich vor Lachen.

Einnahmen werden gespendet

Die Situation lichtet sich, als Reschke für ihre Tante und ihren Onkel einen Platz in einer richtigen Residenz findet. Aber erst nach einem tränenreichen, missglückten Fluchtversuch von Kalle im Koffer des alten Ehepaares, folgt die endgültige Erlösung.

Genauso viel Spaß wie die Zuschauer, hatten auch die Mitwirkenden hinter und vor der Bühne, wie sie alle immer wieder versicherten. In dieser Begeisterung verkündeten sie die Empfänger der Spenden, denn auch dieses Jahr gehen die Einnahmen an einen guten Zweck. Bedacht werden der Wünschewagen Mannheim, die Straßenengel in Frankfurt und die soziale Tiernothilfe in Frankfurt. ple

Die Mitwirkenden:

Auf der Bühne standen: Lena Knapp, Kirsten Bihn, Eileen Kumpf, Peter Jäger, Stephanie Schmitt, David Heiligenthal, Patricia Knapp und Stefanie Knapp.

Regie und Organisation: Sabrina Fischer.

Souffleuse: Simone Golz.

Maske: Michaela Knobloch.

Film und Ton: Max Quick.

Kulisse: Michael Berg.

Bewirtung: Team des TSV Aschbach.

Quelle: Wenn das Gefängnis zur Residenz wird (wnoz.de)

Nach oben scrollen

Kerwe Aschbach sucht Helfer

Um die Aschbacher Kerwe gebührend zu feiern, benötigen wir deine Unterstützung!